Noch eine! Ja. Aber anders.
Die meisten bringen den Begriff Bedürfnisorientierung mit Pädagogik und Erziehung in Verbindung. Was das betrifft, beschränkt sich meine Expertise aufs Muttersein von zwei wundervollen Kindern. Und es gibt viele wunderbare Expert:innen auf dem Gebiet.
Ich möchte über Bedürfnisorientierung beim Planen und Bauen reden, bei der Gestaltung unserer Lebensräume. Und ja – es gibt durchaus Parallelen zur Pädagogik – aber dazu ein andermal.
Im Bauwesen finden wir den Begriff der Bedürfnisorientierung leider viel zu oft nur als Randthema. Vielleicht lesen wir ihn noch als „bedarfsgerechtes Bauen“ im Zusammenhang mit altersgerechtem oder barrierefreiem Wohnen oder in manchen zukunftsweisenden Stadtentwicklungsprojekten. Das war es dann aber auch meist schon. In der Planung verankert ist Bedürfnisorientierung kaum – immer mal wieder gibt es Büros, die sich die „Leistungsphase 0“ auf die Fahne schreiben. Die Vorschriften umreißen das Thema nur rudimentär in der DIN 18205 zur Bedarfsplanung im Bauwesen. Jedoch sind hier vorrangig funktionale und technische Kriterien bedacht, weniger die Bedürfnisse von uns Menschen.
Auch in der Architektur-Lehre fehlt aus meiner Sicht noch allzu oft der Blick auf die menschlichen Bedürfnisse im Raum. Die meisten Hochschulen für Architektur behandeln soziologische, anthropologische und psychologische Aspekte in der Bauplanung maximal als Wahlfächer. Diese Themen sollten jedoch die Grundlagen bilden, um human qualitativ hochwertige Räume zu schaffen.
Der Architekt – ein Dienstleister oder ein Künstler? Im besten Fall beides!
Design und Ästhetische Aspekte sind bedeutsam im Bauwesen und gehören durchaus zu den Bedürfnissen beim Bauen und Gestalten unserer Umwelt. Auch Status und Prestige sind legitime Bedürfnisse beim Planen von Bauwerken. Sie sollten aber eben nicht das einzige sein und sie sollten nicht die Bedürfnisse der Planer erfüllen, sondern die der Nutzer.
Denn der Erfolg eines jeden Bauwerks lässt sich letztlich daran messen, ob sich die Menschen, die in den Räumen wohnen und arbeiten, dort wohlfühlen – ob ihre RaumBedürfnisse erfüllt sind.
Nachhaltigkeit ist ein Aspekt, der zurecht immer mehr Bedeutung im Bauwesen gewinnt. Wichtig aus meiner Sicht sind drei Aspekte der Nachhaltigkeit und deren Zusammenwirken: ökologisch, ökonomisch und human nachhaltig. Da nicht einer allein die Expertise in allen Bereichen haben kann, ist es umso wichtiger, dass fachübergreifend zusammen gearbeitet wird. Nur so erhalten wir wirklich nachhaltige Gebäude und Städte. Nur so planen wir tatsächlich bedürfnisorientiert und human nachhaltig. Nur so planen wir gute Lebensräume.